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Vor 70 Jahren - Deportation der Deutschen aus Südosteuropa in die Sowjetunion

Vor 70 Jahren fand die Deportation der Rumäniendeutschen in die Sowjetunion statt Der Zeidner Erwin Mathias Reimer war Arzt in jenen verhängnisvollen Zeiten
13. Januar 2015

Der Zeidner Erwin Reimer war von 1941 bis 1944 Leutnant und Arzt in einer Sanitätseinheit in der rumänischen Armee. Er wurde dennoch, wie knapp weitere 70.000 Menschen aus Rumänien, in den Donbass deportiert. In diesen Tagen jährt sich zum siebzigsten Mal die Deportation vieler Deutscher aus Südosteuropa in die Arbeitslager im Donezbecken (Donbass) in der damaligen Sowjetunion. Anfang Januar 1945 hatten die Sowjets die rumänische Regierung aufgefordert, die arbeitsfähigen deutschstämmigen Bürger ihres Landes (Siebenbürger Sachsen, Banater Schwaben und Sathmarer Schwaben) zur Zwangsarbeit auszuliefern. Männer von siebzehn bis fünfundvierzig und Frauen von achtzehn bis dreißig Jahren waren betroffen. Sie wurden nach Listen, die rumänische Behörden erstellen mussten, durch gemischte rumänisch-sowjetische Patrouillen aus ihren Häusern geholt und zu zentralen Sammelstellen gebracht.

Ziel war der Wiederaufbau der im Eroberungskrieg Hitler-Deutschlands zerstörten Teile ihres Landes.

Im Burzenland wurden am 13. Januar 1945 alle ausgehobenen Männer und Frauen in Viehwaggons verladen und mit Transportzügen in die Kohlenreviere des Donbass in der Ostukraine deportiert. Ähnlich liefen die Aushebung und die Verschleppung der sächsischen und anderer ethnisch-deutscher Bevölkerungsteile in Rumänien ab. Zurück blieben die Kinder und die Alten, für die schwere Zeiten voller Ungewissheit und Existenzängste begannen. Die Transporte dauerten zehn bis vierzehn quälend lange Tage bei klirrender Kälte. Die verschleppten Frauen und Männer standen oder kauerten auf strohbedecktem Boden in den Waggons, zuletzt ohne Verpflegung, nachdem die mitgebrachte Nahrung aufgebraucht war. Ab und zu gab es eine Wassersuppe. Die sanitären Einrichtungen bestanden aus einem Loch im Boden der Viehwaggons. In Parkomuna (heute Perevalsk) im Donbass, unweit von Altschewsk (damals Woroschilowsk) in der Ostukraine war Endstation für die Verschleppten. Sie verließen die Waggons und wurden auf die kaltfeuchten Baracken der mit zwei Reihen Stacheldraht umgebenen, militärisch bewachten Zwangslager verteilt. Es folgten fünf Jahre erzwungener Schwerstarbeit unter menschenunwürdigen Bedingungen, verbunden mit physischen und psychischen Gewaltanwendungen auch als Vergeltung für die Verbrechen Hitler-Deutschlands in der Sowjetunion.

Dr. Erwin Reimer aus Zeiden/Codlea im Burzenland war einer der Verschleppten. Er war von 1945 bis 1949 alleinbetreuender Arzt in zwei Arbeitslagern in Parkomuna mit mehr als eintausend Deportierten, davon über siebenhundert Sachsen aus dem Burzenland, zweihundert Oberschlesier sowie einhundert Deutsche aus Ungarn. Unter primitiven Bedingungen kämpfte dieser junge Arzt zusammen mit drei deportierten sächsischen Krankenschwestern in einem notdürftig eingerichteten Lazarett mit hundert Betten ohne ausreichende medizinische Mittel gegen Krankheiten und das Sterben durch Verhungern, durch Seuchen wie Typhus und Bakterienruhr sowie gegen die Folgen von schweren Arbeitsunfällen in den mangelhaft gesicherten Kohlegruben im Donbass. Er konnte viele nicht retten. Diejenigen, die nach Siebenbürgen heimkehrten oder damals gegen ihren Willen nach Deutschland abgeschoben wurden, dankten ihr Leben lang diesem sich aufopfernden Arzt für sein Helfen.

Ende 1949 wurde Erwin Reimer als einer der letzten Zwangsdeportierten aus den Arbeitslagern Schachta 5 Bis und Delta mit den Arbeitsbataillonen 1206, 1207, 1208 in Parkomuna im Donbass in der Ostukraine entlassen. Es gelang ihm, heimlich angefertigte Abschriften der Krankenunterlagen aller Patienten aus dem Lagerlazarett in die Heimat mitzunehmen. Sie sind heute noch eine eindrucksvolle und beklemmende Dokumentation des Leidens und oft auch Sterbens der Deportierten in den Zwangslagern im Donbass.

Zeit seines Lebens beklagte Dr. Erwin Mathias Reimer den Verlust der Heimat Siebenbürgen und war oft besuchsweise wieder dort, zuletzt im Herbst 1990. Die Erinnerungen an die guten und schweren Zeiten in seiner alten Heimat wurden überschattet vom Erlebten als Lagerarzt im Donbass in der Ostukraine. Vor allem das Leiden und das Sterben der gequälten Landsleute hatte ihn nicht mehr losgelassen. Die Deportation der jungen Siebenbürger Sachsen zur Zwangsarbeit in den Kohlegruben des Donbass in der Sowjetunion war für ihn die Konsequenz des verhängnisvollen Wirkens der deutschen Volksgruppe in Rumänien als willige Vollstrecker der menschenverachtenden NS-Ideologie Hitler-Deutschlands, die sich auch gegen das über Jahrhunderte gewachsene ausgewogene Zusammenleben der verschiedenen Völker in Siebenbürgen (Rumänen, Ungarn, Szekler, Juden, Zigeuner) richtete und dessen Gleichgewicht zerstörte.

Hier sah er den Anfang des Untergangs der Siebenbürger Sachsen als geschlossene ethnische Minderheit im Karpatenbogen. Er sah keine Hauptschuld bei Rumänien, das letztendlich ebenfalls in den Abgrund einer kommunistischen Diktatur gezogen wurde. Ein Aufarbeiten der NS-Vergangenheit führender Mitglieder dieser deutschen Volksgruppe in Rumänien hatte er stets gefordert und eine gerichtliche Klärung ihrer Schuld. Erwin Reimer hatte einige von ihnen nach seiner Umsiedlung 1964 in der jungen Bundesrepublik wieder angetroffen, manche in leitenden Positionen bei der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen jener Zeit. Sie hatten sich rechtzeitig ins „Reich“ absetzen können und ihre Landsleute in Siebenbürgen ihrem Schicksal überlassen. Eine Aufarbeitung der Vergangenheit dieser deutschen Volksgruppe in Rumänien wurde den Historikern überlassen. In der Landsmannschaft in der Bundesrepublik wurde diese braune Vergangenheit konsequenterweise anfänglich tabuisiert und später kleingeredet. Glaubhafte Ansätze, dies zu ändern, sind heute erkennbar.

Erwin Reimer hatte stets und vehement eine angemessene Entschädigung von der Bundesrepublik Deutschland, dem „Nachlassverwalter“ des Dritten Reiches, nicht nur für alle Opfer der NS-Gewaltherrschaft allgemein verlangt, sondern auch für die Opfer der Siebenbürger Sachsen in der Deportation und der Zwangsrekrutierung in die Waffen-SS im Besonderen.

von: Georg Reimer, Dienstag, 13. Januar 2015, in: siebenbuerger de


Der Beitrag wurde am Samstag, den 24. Januar 2015 um 16:32 Uhr unter der Kategorie Vorstand veröffentlicht. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen und selbst einen Kommentar schreiben.

2 Reaktionen zu “Vor 70 Jahren - Deportation der Deutschen aus Südosteuropa in die Sowjetunion”


  1. Dr. Joachim von Pohl

    Ich möchte gerne wissen, ob es ein Grab meines Vaters gibt, Dr.med.Alarich von Pohl aus Kronstadt-Siebenbürgen, verschleppt ins Lager Almasna im Donezbecken. Wenn ja, wo wäre da Grab zu finden - Friedhof?
    Vielen Dank, Joachim von Pohl

  2. Theresia Hermann

    Ich suche meinen Onkel, Franz Felsner geb. am 09.01.1927 in Soroksar (Ungarn), welcher nach Russland, vermutlich Ukraine, in ein Arbeitslager verschleppt wurde und seit Dezember 1945 vermisst wird.
    Gibt es irgendwelche Listen, in denen sein Name evtl. aufgeführt wurde und wenn ja, wo.
    Vielen Dank
    Th. Hermann


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