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Ostfront 1943 - Die vielen Fehler auf dem Weg nach Kursk

Um der Roten Armee „wenigstens an einem Frontabschnitt das Gesetz des Handelns vorzuschreiben“, verfiel die deutsche Führung im Frühjahr 1943 auf eine Offensive gegen den Frontvorsprung bei Kursk

Im Mai 1943 war die Wehrmacht zu großen Operationen kaum mehr in der Lage. Um wenigstens an einer Stelle Handlungsfähigkeit zu beweisen, wurde Kursk als Ziel ausgewählt. Aber die Zeit verstrich.

Den Zustand der deutschen Ostfront nach der Katastrophe von Stalingrad beschreibt der Bericht eines Armeeoberbefehlshabers vom März 1943. Darin heißt es: „Die Truppe, seit Monaten Tag und Nacht im Kampf ohne jede Ruhe, ist sehr beansprucht.“ Die Kfz-Bestände seien weiter „merklich abgesunken“. Die Soldaten seien „teilweise apathisch“. „Es wäre für die Truppe eine schwere Enttäuschung, wenn sie, nachdem sie sich in ihren jetzigen Stellungen gerade eben notdürftig eingerichtet hat, erneut antreten müsste.“

Man kann nicht sagen, dass sich Hitler von derartigen Meldungen bei seinen Entscheidungen leiten ließ. Andererseits lassen die Quellen den Schluss zu, dass der selbst ernannte Oberbefehlshaber des Heeres in den Monaten nach Stalingrad eine bemerkenswerte Zurückhaltung und Unschlüssigkeit an den Tag legte, die gemeinhin mit seiner Erschütterung nach Stalingrad erklärt wird.

Das hatte es unter anderem dem Chef der Heeresgruppe Süd Erich von Manstein ermöglicht, kurzweilig die ukrainische Metropole Charkow aufzugeben, um gleichsam aus dem Rückzug heraus die nachdrängenden Truppen der Roten Armee zu umfassen und zu schlagen. Der Sieg, der in der Rückeroberung Charkows gipfelte, ließ Hitler und seine Generäle noch einmal von einer Wende des Krieges träumen.

Allerdings waren ihre Optionen dafür überschaubar. Die Fronten im Norden und Nordosten waren durch die Konzentration auf den Südosten derart ausgedünnt, dass an weiträumige Operationen nicht zu denken war. Im Südosten drohten trotz der letzten Erfolge Offensiven der Roten Armee. Zudem waren durch die Rückzugskämpfe nach Stalingrad um die Stadt Kursk ein rund 120 Kilometer tiefer und 200 Kilometer breiter Balkon in der deutschen Front entstanden, der sich als Ausgangspunkt solcher Angriffe anbot.

„Anrennen und ausbluten lassen“

Bereits vom 13. März datiert eine Führerweisung Hitlers, in dem er für die Zeit nach dem Ende der Schlammperiode, also Anfang Mai, eine Zangenbewegung gegen den Kursker Bogen befahl. Die Begründung sagt einiges aus über den Zustand der Wehrmacht im dritten Kriegsjahr im Osten: Es gehe darum, dem Gegner „wenigstens an einem Frontabschnitt das Gesetz des Handelns vorzuschreiben“ und ihn im übrigen gegen die anschließend verstärkte Front „anrennen und ausbluten zu lassen“.

Zu mehr sah selbst Hitler die Wehrmacht nicht mehr in der Lage. Wo früher ganze Heeresgruppen eingesetzt wurden, konnten mittlerweile höchstens einzelne Armeen oder nur Teile aufgeboten werden. Auch ging es nicht mehr um strategische Ziele, sondern um den Gewinn besserer Positionen im Abwehrkampf. Und man raffte sich dazu auf, um wenigstens an einer Stelle der Roten Armee zuvor zu kommen.

Doch selbst dabei legte die Führung der Wehrmacht eine merkwürdige Unentschlossenheit an den Tag. Noch wenige Tage vor dem Beginn der Offensive im Juni notierte Joseph Goebbels, Hitler wolle „im großen und ganzen weiter verharren“ und allenfalls „einige wesentliche Korrekturen vornehmen und den Bolschewisten ein paar Schläge versetzen“.

Hitler sorgte sich um Mussolini

Nur dass es im Süden geschehen sollte, stand fest. Hier waren die besten Verbände der Wehrmacht, darunter zahlreiche Panzer-Divisionen, konzentriert, das ukrainische Industriegebiet am Donez hielt nicht nur Hitler für eine entscheidende Ressource der deutschen Kriegsindustrie. Und die Abschnürung des bedrohlichen Vorsprungs bei Kursk bot zudem die Möglichkeit, die eigene Front zu verkürzen und mit den frei werdenden Divisionen andere Abschnitte zu verstärken.

Hinzu kamen Überlegungen globaler Art. Nach der Kapitulation der deutschen und italienischen Truppen in Nordafrika rechnete Hitler mit der baldigen Landung in Italien. Das Regime von dessen Diktator Mussolini zeigte nach der Niederlage in Tunesien ernste Auflösungserscheinungen. Auf dem pazifischen Kriegsschauplatz hatte Japan ernste Rückschläge hinnehmen müssen. Und über der „Festung Europa“ eröffneten die Bomberflotten des Amerikaner und Briten ihre Offensiven.

Von daher lehnten Hitler und führende Generäle den Plan Mansteins ab, noch einmal mit weiträumigen Operationen eine Entscheidung im Osten zu suchen. Dessen Strategie des „Schlagens aus der Nachhand“ hätte noch einmal alles auf eine Karte gesetzt: ein groß angelegter Rückzug hätte starke Verbände der Roten Armee nach Westen gezogen, die dann von den Flanken aus aufgerieben worden wären. Das aber hätte zumindest zeitweise die Aufgabe des Donezbeckens bedeutet und den Einsatz aller Reserven verlangt, die womöglich bald an anderen Stellen gebraucht würden.

Hoffnung auf neue Panzer

Stattdessen wurde Zeit mit der Ausarbeitung neuer Operationen nach Süden vertan. Diese „Panther“ und „Habicht“ genannten Pläne wurden zwar bald fallen gelassen, was aber nicht bedeutete, dass nun der Angriff auf Kursk umgehend vorangetrieben worden wäre. Stattdessen meldete sich die Dienststelle des Generals Heinz Guderian zu Wort, der in der Funktion des Inspekteurs der Panzertruppe reaktiviert worden war. Er verwies auf die neuen Panzer-Modelle „Tiger“ und „Panther“, die bald in größeren Stückzahlen zur Verfügung stehen und der Wehrmacht erstmals ein technisches Übergewicht gegenüber den Panzern der Roten Armee verschaffen würden.

Hitler war begeistert. Als zudem mit dem Oberbefehlshaber der 9. Armee Walter Model einer der für die Offensive vorgesehenen Generäle überzeugend darlegte, dass seine Truppen weder nach Zahl noch nach Beweglichkeit und Ausbildungsstand umgehend für eine Durchbruchsschlacht vorbereitet seien, wurde der Angriff auf Kursk, der mittlerweile den Decknamen „Zitadelle“ erhalten hatte, verschoben, vom April auf den Mai, vom Mai auf den Juni, vom Juni auf den Juli.

Damit aber begab sich die Wehrmachtsführung der beiden Stärken, die 1941 und 1942 die Siege gegen die zahlenmäßig und materiell überlegende Rote Armee erst ermöglicht hatten: Überraschung und Geschwindigkeit. „Die ursprüngliche Aussicht auf einen schnellen Überraschungserfolg gegen einen unvorbereiteten Gegner wurde damit … frühzeitig brüchig“, resümiert der Historiker Bernd Wegner in dem großen Reihenwerk „Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg“ des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes der Bundeswehr, dessen 2007 erschienener achte Band das Kriegsgeschehen von 1943 und 1944 aufgrund zahlreicher Quellenfunde in neuem Licht darstellt. Außerdem machte der Wehrmacht zunehmend ein weiterer Gegner zu schaffen: die Partisanen.

Quelle: Berthold Seewald, in: welt de 2013


Der Beitrag wurde am Sonntag, den 4. März 2018 um 10:23 Uhr unter der Kategorie Vorstand veröffentlicht. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen und selbst einen Kommentar schreiben.

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